Substrat, Düngen, Gießen - Nachtrag
Walter Pall, November 2011
Nach mehr als zehn Jahren eigenen Erfahrungen mit der Methode kann als gesichert gelten, dass sie gut funktioniert und hervorragende Ergebnisse erzielt. Das wurde auch von tausenden Bonsaigärtnern in der ganzen Welt bestätigt, die sich angeschlossen haben. Aus vielen Ländern wird von Gärtnern berichtet, die unabhängig von meinen Ausführungen auf dieselben oder sehr ähnlichen Ergebnisse gestoßen sind, einfach durch Anwendung der modernen Gartenbaumethoden in der Bonsaihaltung. Ich habe nie behauptet, das alles selber erfunden zu haben. Ich habe bloß inzwischen in der Gärtnerei alltägliche Methoden für Bonsai angewendet und das bekannt gemacht.
Trotzdem ergeben sich immer wieder kleinere und auch größere Probleme. Meistens sind es solche, die mit fehlerhafter Anwendung zu tun haben. Wer über Jahre, ja Jahrzehnte mit Bonsaierde gearbeitet hat, der wird dazu neigen, ins modernes Substrat wenigstens ein wenig Erde hinein zu schmuggeln. Das kann fatale Auswirkungen haben. Dann wird natürlich die gesamte Methode und nicht der eigene Fehler verantwortlich gemacht. Wer über sehr lange Zeit gelernt hat, dass das richtig Gießen das Wichtigste und Schwierigste ist, was man zu lernen hat, der wird ev. grobe Fehler machen. Er wird einfach nicht akzeptieren, dass man mit modernem Substrat fast nicht übergießen, aber sehr wohl untergießen kann. Er wird dazu neigen, zu wenig zu gießen, weil man ja 'weiß' dass die meisten Fehler beim Übergießen gemacht werden. Es will einfach nicht in die Köpfe hinein, dass man da nicht mehr viel denken muss. Einfach gießen, im Zweifelsfall mehr als man denkt! Aber das kann ja gar nicht sein! Also wird modernes Substrat verwendet und die Bäume viel zu wenig gegossen und gedüngt. Als Ergebnis verkümmern sie. Immer wieder bekomme ich Hinweise, dass jemand mit dem modernen Substrat nicht zurecht kommt. 'Ich habe keinen sicheren Hinweis über das Austrocknen des Substrates mehr, ich weiß nicht mehr, wann ich gießen soll!' Nun, wer über viele Jahre immer dann gegossen hat, wenn die Oberflächen des Schaleninhalts (Erde oder Substrat) trocken erscheinen, der wird in der Tat Schwierigkeit haben. Moderne Substrate trocknen nämlich and der Oberfläche oft sehr rasch aus. Der Unerfahrene meint dann, es ist wieder höchste Zeit zu Gießen. Er 'weiß' aber auch, dass es 'falsch' ist, zu viel zu gießen. Also ist er hin und her gerissen. Oft wird wieder zu der gewohnten Bonsaierde zurückgekehrt. Da 'weiß' man nämlich, was man zu tun hat. Tatsächlich ist es viel einfacher: Die Austrocknung der Substratoberfläche ist kein schlüssiger Hinwies darauf, ob gegossen werden soll. Der Bonsaigärtner muss lernen, andere Hinweise zu erkennen. Es ist eigentlich noch einfacher: man gießt jeden Tag reichlich. Falls trotzdem während des Tages gewisse 'Zeigerbäume' die Blätter etwas hängen lassen, gießt man eben zwei mal. Zeigebäume sind solche, die stets als erste Durst haben. Das sind z.b. Fächerahorn, Linde, viele Straucharten. Es sind auch Unkräuter, die sich in Bonsaischalen niedergelassen haben. Lange bevor der Baum die Blätter hängen lässt, hängen einige Unkräuter. Aber tatsächlich ist das nur wichtig um festzustellen, dass man zusätzlich zur täglichen Gießroutine noch einmal gießen muss.
Obwohl deutlich so geschrieben, haben einigen nicht verstanden, dass das tägliche Gießen nur in der aktiven Vegetationsperiode gilt. Das ist in meinem Klima von Anfang April bis Anfang Oktober draußen. Im Glashaus ist das von Ende Februar bis zur Leerung des Glashauses. Es gibt immer wieder Bonsaigärtnern, die dann im Winter jeden Tag weiter gießen und oft fragen, was zu tun ist, wenn die Bäume gefroren sind. Natürlich wird nicht jeden Tagt gegossenen, wenn die Bäume den Winterschlaf angetreten haben. Es wird außen je nach Bedarf gegossen. Das heißt in meinem Klima, dass ich in machen Jahren den ganzen Winter lang überhaupt nicht gieße, weil es immer wieder regnet oder schneit. Meistens wird das bei8 anderen aber nicht der Falls ein. Man muss eben gießen, wenn die Bäume zu trocken werden. Das kann dann schon zweimal die Woche sein. Im Glashaus wird ohnehin alle paar Tage auch im Winter gegossen. Gefrorene Bäume werden nicht gegossen. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Krone austrocknet, wenn sie der Sonne und dem Wind ausgesetzt ist während der Wurzelballen fest gefroren ist. Deshalb ist ein Standort zu wählen, der möglichst vollen Sonnen- und Windschutz bietet. Die Kronen sollten immer wieder besprüht werden, insbesondere die von Nadelbäumen.
Was bisher besprochen wurde, sind Ungereimtheiten, die entstanden sind, weil einzelne Gärtner die Methode nicht in vollem Umfang verstanden haben oder versehen wollten. Es wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass das sehr gefährlich ist. Entweder man wendet die Methode voll, in allen Teilen an, oder man lässt es ganz.
Trotzdem haben sich über die Jahre einige Zweifel beim Verfasser eingeschlichen. Es wurde festgestellt, dass es den allermeisten Bäumen nach Einführung der Methode besser ging als vorher. Nur einige Arten zeigten arge Mangelerscheinungen und einige, die vorher ganz munter waren, waren sogar dem Tod geweiht. Es handelt sich dabei insbesondere um fünfnadelige Kiefern (Pinus pentaphylla, Pinus cembra) und dem gemeinen Wacholder (Juniperus communis). Diese Arten zeigen immer wieder gelbliche bis stark gelbe Nadeln. Das ist ganz bedenklich, wenn es sich um diesjährige Nadeln handelt. Prompt sterben erschreckend viele Äste und leider auch ganze Bäume in Folge ab. Es ist bekannt, dass sehr viele Gärtner weder den gemeinen Wacholder noch die Mädchenkiefer (und auch die Zirbelkiefer) über länger Zeiträume halten können. Der Verfasser ist da keine Ausnahme. Es gibt aber immer wieder Gärtner, die keinerlei Probleme mit diesen Arten haben, jedoch auch nach intensiver Nachfrage nicht erklären könne, was sie anders oder besser machen.
Ein weiteres Phänomen, das nicht nur in meinem Garten aufgetaucht ist, ist, dass deutliche Mangelerscheinungen an Laubbäumen auftauchten: dunkelgrüne Blattadern deutlich sichtbare Farb- und auch Formänderungen im Blatt. Diese Erscheinungen sind zwar nicht tödlich, aber doch sehr beunruhigend. Es kann doch nicht sein, dass Bäume, die um Längen besser gedüngt werden als alle anderen, Mangelerscheinungen haben! Doch, es kann!
Nach langem Nachdenken über die Zusammenhänge kam ich zum Schluss, dass die Mangelerscheinungen gerade wegen der starken Düngung auftauchten. Das Gesetz des Minimums macht an meinen Gartengrenzen nicht halt.
Wikipedia: Das Minimumgesetz (von lateinisch minimum, „das Geringste“, von Carl Sprengel 1828 veröffentlicht, von Justus von Liebig in erweiterter Form popularisiert) besagt, dass das Wachstum von Pflanzen durch die im Verhältnis knappste Ressource (Nährstoffe, Wasser, Licht etc.) eingeschränkt wird. Diese Ressource wird auch als Minimumfaktor bezeichnet. Bei Vorliegen eines solchen Mangelfaktors hat es keinen Einfluss auf das Wachstum, wenn eine Ressource hinzu gegeben wird, die bereits im benötigten Umfang vorhanden ist. Das Minimumgesetz ist u.a. eine wichtige Grundlage bei der Düngung.
Von Ende März bis Mitte Oktober wird bei mir gedüngt. Anfangs mineralisch und ab Mitte Mai organisch (mit Hühnermist, Fledermausguano, Runderdung und ähnlichem - mit allem was stinkt), organisch einmal kräftig Anfang Mai und wieder gegen Ende August; dazwischen und bis Mitte Oktober mineralisch. So war das bisher. Die Düngergaben waren mehr als dreimal so hoch wie auf den Packungen angegeben. Die Bäume haben es mir gedankt mit sagenhaft kräftigem und gesundem Wuchs. Nur die fünfnadeligen Kiefern und der gemeine Wacholder litten sichtlich. Wegen des Erfolges habe ich dann die Düngergaben gesteigert. Die Bäume wuchsen noch besser. Leichte Mangelerscheinungen wurden erst einmal mit einem Achselzucken hingenommen. Ich habe dann eine dritte Periode der organischen Düngung gegen Mitte Juli eingeführt. Die mineralischen Gaben wurden leicht gesteigert. Dann entstanden plötzlich deutliche Mangelerscheinungen.
Mein Fazit: Neben den allseits bekannten und in jedem handelsüblichen Dünger vorhandenen Stoffen benötigen Bäume zusätzlich in meist geringen Mengen besondere, seltene Stoffe. Das Fehlen dieser Stoffe fällt um so mehr auf, je mehr mit den herkömmlichen Stoffen gedüngt wird. Es fiel mir auf, dass die fünfnadeligen Kiefern und die Wacholder besonders nach kräftiger organischer Düngung gelb wurden. Das schien mir paradox, weil ja gerade die organische Düngung so gut anschlug - im Allgemeinen. Genau das ist es: die organische Düngung mit besonders viel Stickstoff regt die Bäume zu besonders starkem Wachstum an. Das geht aber nur, wenn ALLE benötigten Stoffe vorhanden sind, auch die Spurenelemente. Einige davon sind aber im organischen Dünger nicht, oder nicht in genügender Menge vorhanden. Dann entstehen eben Mangelerscheinungen. Und was ist mit den Gärtnern, die keinen Problem haben? Die haben eben zufällig, z.B. im Gießwasser, die benötigten Spurenelemente. Und was ist mit den mineralischen Düngern? Die haben ganz seltenen Spurenelemente auch oft nicht oder nicht in den erforderlichen Mengen. Die haben die in den Mengen, die für die Stickstoffgabe des Mineraldüngers ausreichend sind. Aber sie haben sie nicht für die kräftige organische Düngung in ausreichendem Maß.
Wahrscheinliche Ursache erkannt! Was tun? Eine Möglichkeit, wäre es, einfach mit der kräftigen Düngung zurück zu fahren. Das würde sicherlich nützen. Aber ich will ja gerade das kräftige, gesunde Wachstum. Also ging ich auf die Suche nach Spezialdüngern für Mangelerscheinungen. Da fiel mir das Angebot der Firma Italienfrontt ( www.italpollina.com/ und www.italpollina.de/) an organischen Düngern sowie insbesondere an Spezialdüngern für Mangelerscheinungen auf.
Ich konnte den deutschen Vertreter davon überzeugen, mir eine Batterie der Spezialdünger für Versuchszwecke zur Verfügung zu stellen.
Also erhielt so ein Dutzend Literflaschen, voll mit jeweils einem allgemeinen Dünger, der mit besonderen Stoffen angereichert war:Bor, Eisen, Kalium, Kupfer, Magnesium, allgemeine Mikroelemente besondere Stickstoff, Auxym,
Enzym, was weiß ich und noch einiges mehr.
Toll! Aber was nun? Es gibt jede Mengen Literatur über Mangelerscheinungen u, deren Auswirkung , Aussehen usw.. Aber das ist alles äußerst kompliziert und bezieht sich fast immer auf irgendwelche Gemüsesorten. Wenn trotzdem eine Mangelerscheinung an einem bestimmten Baum deutlich festgestellt wurde, was war nun die geeignete Methode? Eindeutig konnte Eisenmangel and fünfnadeligen Kiefern und Azaleen festgestellt werden. Bei Azaleen wird das auch in der Literatur oft erwähnt. Gut, also zusätzlich zu dem Angebot von Italpollina auch Eisenpulver gekauft. Das ist ganz billig. Aber welche Menge und wie oft? Fragen über Fragen!
Für einen brauchbaren Test benötigt man Vergleichsmaterial. Also z.B. 1.000 gleich alte , gleich große Eichen aus genetisch identischem Material, also Stecklinge, in gleich großen Gefäßen mit demselben Substrat. Dann noch einmal tausend, bei denen ein Faktor geändert wird. Dann noch einmal viele tausend mit jeweils einem Faktor, der anders ist. Dann dasselbe mit allen anderen gängigen Baumarten und -sorten. Also mehrere hunderttausend Bäume! Dann werden fünfhundert ein ganzes Jahr mit der normalen Methode gedüngt und fünfhundert mit dem Spezialdünger. Dasselbe dann mit allen zwölf Spezialdüngern. Am Ende des Jahres hat man einen Hinweis,, ob der Spezialdünger hilfreich ist und welcher es ist.
Das ist in der Bonsaihaltung völlig unmöglich. Selbst wenn ich von einer Art zweihundert Bäume habe, dann ist ein saubere Test unmöglich. Die Bäume sind nicht gleich groß, nicht gleich alt, sehen in verschiedenem Substrat, haben verschiedene Herkünfte, also deutlich unterschiedliche Gene. Also ist ein Test sinnlos. Da kann man gleich irgend was hin schütten, ein Kreuz machen, sich dreimal umdrehen und hoffen.
Beim allgemeinen Dünger besteht ein ähnliches Problem, wenn man einen ganz bunt gemischten Garten hat und nun jeweils 'richtigen' Dünger für einen speziellen Baum benutzen will. Was ist 'richtig' und wie viel davon?
Als einfacher ungelernter Gärtner bin ich da völlig überfordert. Aber irgend etwas muss geschehen! Ich gehe davon aus, dass Chemiker die einen bestimmten Dünger für Mangelerscheinungen herstellen, ihn auch vernünftig getestet haben, bevor er auf den Markt kommt. Also was soll ICH da noch testen? Aber die Frage bleib, was, wo wie viel und wie oft ich benutzen sollte. Mittlerweile zeigten mehr Bäume Mangelerscheinungen.
Als praktischer Mensch aus den Bergen fiel mir dann das 'große Buffet' ein:
Man denke sich einen Vater, der eine sehr eigenwillige Tochter mit Beziehungen in der Ganzen Welt hat. Sie, als Mitteleuropäerin, will einen Chinesen heiraten und zum Hochzeitsfest die ganze Bekanntschaft einladen. Das sind dann Chinesen, Japaner, Südamerikaner, Nordamerikaner, Vegetarier, Juden, Fleischesser, Reisesser, Nudelesser und was sonst, jedenfalls einige hundert. Der Vater hat den Auftrag, das Hochzeitmenü zu erstellen - ein völlig unmögliches Unterfangen. Selbst wenn er jedem findet, der kommen will und ihm einen langen Fragebogen zuschickt, den der auch noch ausfüllt, wird er mit Sicherheit Vielen das Falsche servieren. Was macht der arme Vater? Er bestellt ein gigantisches Buffet. Alles, was man so essen kann ist da, warm und kalt, alles was man so trinken kann. Am großen Tag kommen sie alle und danach schwärmen sie vom tollen Hochzeitsschmaus. Jeder weiß genau, was er will, dank des reichlichen Angebots findet er es auch. Was übrig bleibt, isst die Familie in en kommenden drei Monaten.
Schönes Gleichnis. Für meine Bäume sah das dann so aus: ich goss in etwa dieselbe Menge aus jeder Flasche in einen großen Behälter. Dazu gab ich reichlich Eisenpulver und noch obendrein Magnesium, kräftige umgerührt und fertig. Etwas Krötenschleim, drei Kreuze, dreimal umgedreht, undeutliche Beschwörungsformeln gemurmelt. Dann wurden jeweils drei Messbecher eines normalen Flüssigdüngers in eine Gießkanne mit zehn Liter Wasser gekippt plus ein Messbecher von dem Zaubergebräu. Alle Bäume im Garten wurden nun damit gegossen. Vor dem Düngen wurde der gesamte Garten mit Leitungsweser gegossen, damit alles schön feucht war.. Dann, am nächsten Tag wurde wieder wie immer kräftig gegossen, so dass alles pitschnass war. Das Wasser floss aus den Drainagelöchern. Das erfolgte nun alle zehn Tage, den ganzen Sommer lang. Dreimal im Sommer erfolgte parallel kräftige organische Düngung. Ganz wichtig ist, dass immer kräftig gegossen wird. Der Dünger kann sich so nicht im Substrat in gefährlichen und giftigen Mengen anreichern. Was der Baum nicht nimmt, wird einfach ausgewaschen.
Nach zwei Monaten: Die fünfnadeligen Kiefern wurden wieder grün, die Mangelerscheinungen and den alten Blättern der Laubbäume blieben, aber der Neuaustrieb war wieder völlig gesund und kräftig. Keine Vergiftungserscheinungen bei irgend welchen Bäume während des gesamten Sommers.
Nach einem Sommer kann sich sagen, dass diese Methode eindeutig hilft. Man kann kräftig düngen und Mangelerscheinungen bleiben weithin aus. Ein großer Vorteil ist, das man einfach alles querbeet düngen und wässern kann, ohne sich um einzelne Bäume wirklich zu kümmern. Die, die es brauchen nehmen sich schon das geeignete.
Man kann mich gerne als naiven Gärtner bezeichnen, als Ignoranten und Dilettanten. Abgerechnet wird zum Schluss. Wer hat über lange Zeit die gesündesten Bäume mit dem geringsten Aufwand? Jeder, der zweifelt, ist eingeladen, zu mir zu kommen und sich zu überzeugen. Wenigstens meine Galerie könnte man einmal zu Rate ziehen. ALLE Bäume werden bei mir gleich behandelt.
Die Firma Italpollina wird wohl den Zaubertrank in kleineren Mengen für den Bonsaimarkt anbieten.